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Am 02.10.2016 lud Judith Owen, im Rahmen ihrer Deutschlandtour in den Jazz Keller b-flat in Berlin-Mitte, ein. Meine Tochter genervt von zahlreichen (auch) großartigen Klassikkonzerten wollte nicht schon wieder in die Philharmonie oder den Kammermusiksaal. Also gingen wir zum Konzert von Judith Owen & Band feat. Leland Sklar & Russ Kunkel. Sklar und Kunkel sind seit 1969 die Rhythmusgruppe von James Taylor und wirkten bei Produktionen von Bob Dylan, Neil Young, Crosby Stills & Nash, Carole King oder Joni Mitchell mit und sind sehr gefragte Session Musiker. Leland Sklar hat die in Los Angeles lebende Owen auch bei ihrer LP „Somebody's Child“ musikalisch unterstützt. Die Songauswahl dieser LP bestimmte auch den Kern des anregenden Abends. Die Präsenz der in den USA lebenden Waliserin war trotz ihrer Position hinter dem Klavier am linken Bühnenrand unglaublich groß. Die Begleitmusiker hielten sich vornehm im Hintergrund und überzeugten durch ihr engagiertes und professionelles Zusammenspiel. Ein begeisternder Abend, der auch meiner Tochter sehr gefiel. Dies vor allem, wegen dem in der Runde auffallend extrovertiert und begeistert aufspielenden Perkussionisten Pedro Segundo. Solche Freude bei der Arbeit auf der Bühne habe ich zuletzt von Jamie Cullum im Berliner Tempodrom erlebt. Allein diesen Musiker zu erleben machte den Abend zu einem besonderen. Dieses Perkussionspiel in Kombination mit dem Klavierspiel und der ausdrucksstarken Stimme von Frau Owen in Begleitung der Session Profis war absolut beglückend und entzückte das Publikum im mittelgroßen Klub mit jedem Lied aufs Neue. Großartig!
Der emotionelle Höhepunkt war jedoch das gemeinsame Gedenken aller Musiker an den an diesem Tag verstorbenen großen englischen Dirigenten Neville Marriner. Mit ihm hatten viele der Musiker auch die Cellistin Gabriella Swallow zum Teil noch vor kurzem zusammengearbeitet. Ein sehr anrührender Moment, leider ging der Abend viel zu schnell zu Ende. Die Gäste wurden jedoch mit einer anschließenden Autogrammstunde bei einem köstlichen Getränk versöhnt. Und so konnte ich glücklich die, von allen Musikern unterschriebe, LP „Somebody's Child“ nach Hause tragen.
Judith Owen „Somebody's Child“
Am nächsten Tag bei einem guten Rotwein den Abend noch einmal in die eigenen vier Wände zu holen ist natürlich nicht möglich. Jedoch ist die Musik und auch die Fertigungsqualität des Vinyls absolut geeignet eine schöne knappe 3/4 Stunde in entspannter Folk - Jazz Musik zu schwelgen. Die 13 Titel der LP sind laut Judit Owen ein Ergebnis ihrer Sozialisation. -„Das, was ich heute bin, resultiert letztendlich aus jener Musik, mit der ich aufgewachsen bin, mit Oper und Frank Sinatra, mit Joni Mitchell und Stevie Wonder und auch allem dazwischen.”- Die ruhigen Stücke wie „Mystery“, „No More Goodbyes“, „More Athen This“, „I Now Wahl The Sun Shines“ oder „Josephine“ werden dezent begleitet und durch ihre ausdrucksstarke Stimme getragen. Was mich jedoch stärker an den vergangenen Abend erinnert sind die groovenden Stücke. Vor allem sind hier „We Grive In“, „Arianne“ und das aus dem Musical „Hair“ stammende „Aquarius“ zu nennen. Diese Titel bauen für mich die größte Spannung auf. In der Gesamtbewertung kann ich mich nur der Einschätzung der „STEREO Redaktion“ anschließen, die das Album 7/2016 zur (CD) LP des Monats wählte. Mit vier ½ Sternen für Musik und vier Sternen für Klang gehe ich sehr gern, unter dem Eindruck des Vorabends, mit. Für mich ein sehr hörenswertes Album! Anspieltipps: siehe den Text
Platteninformation:
Label: Twanky Records, 2016, 33 rpm, 180g
Genre: Folk / Jazz
Ausführung: Gatefold-Cover
Preis: 20,- EUR
Musik: 2
Klang: 2
Fertigung: 1
Mit großer Vorfreude erwartete ich die für September angekündigte Vinylausgabe des im Mai 2018 veröffentlichten Albums „redisCOVERed“ von Judith Owen. Wie so häufig wurde später geliefert. Mit Schrecken lauschte ich der knisternden Ausgabe. Welch ein Jammer, großartige Musik und guter Klang, dem Album „Somebody`s Child“ ebenbürtig. Also Retour und mit geringer Hoffnung auf eine bessere Pressung umgetauscht. Der zweite Versuch ging genauso daneben. Offensichtlich nimmt sich heute keiner mehr die Zeit eine Testpressung auf einer ordentlichen Kette abzuhören. Ich finde es für die Künstler absolut ärgerlich, wenn nach intensiver Arbeit an den Titeln und im Studio ein Endprodukt in den Handel kommt, was ungenießbar ist. Auf Grund der schlechten Pressung „atmosphärisches Lagerfeuer“ mit Hintergrundmusik kann ich die musikalisch gute Platte nicht empfehlen.
„Another Half Life and The Golden Choir“
Den Name Tobias Siebert hatte ich vor der Veröffentlichung des Albums „Another Half Life and The Golden Choir“ nicht auf dem Schirm. Der in Berlin tätigen Musiker (Klez.e) und Produzent (u.a. Phillip Boa, Me and My Drummer) hat hier kein Bandalbum, sondern eine beeindruckende One-Man-Show abgeliefert. Dabei macht er alles selbst, lässt sich von seinen Inspirationen treiben, verwendet als Instrument unter anderem den Plattenspieler und die Dubplate Technik. Er spielt alle Instrumente selbst ein, addiert die aufgezeichneten Tonspuren mit seinem Gesang zu einem großen goldenen Chor seiner selbst „and The Golden Choir“. So entsteht eine akustische Leichtigkeit und Raumillusion die durch seinen kopfstimmenartigen Gesang und den Groove wie bei den Titeln „The Transformation“ oder „My Brother Home“ an beste Stücke von „TALK TALK“ erinnert.
Die professionelle Herangehensweise bei der Erzeugung seines virtuellen Orchesters ist besonders überzeugend, wenn man weiß, dass er dabei möglichst auf Digitaltechnik verzichtete und konsequent analog heranging. Jede Spur wurde live eingespielt und es wurde auf Nachbearbeitung verzichtet. So ist es Siebert gelungen die Authentizität und Direktheit in den Produktionsprozess zurückzuholen. Im Ergebnis der für mich großartigen Arbeit ist eine leicht melancholische Platte entstanden, die es im aktuellen Pop so nicht gibt und sein Alleinstellungsmerkmal ist. Die opulenten Arrangements überzeugen mit toller Rhythmik und bezaubernden Melodien. Die 12 Titel und 52 Minuten auf 2 LP verteilt ergeben für mich eine topp Kaufempfehlung. Leider ist die Produktion der Wehrmutstropfen. Also, ich vermute es war geplant der Platte eine goldene Optik zu verpassen, dass ist völlig danebengegangen. Die Farbe ist eher ein dreckiges Grün aus der Giftküche. Wir alle wisse, dass gefärbtes Vinyl oft nicht so sauber abgetastet wird wie das geliebte „Schwarze Gold“, das trifft leider auch hier zu. Schade! Aus meiner Sicht ist die Farbgestaltung hier, wie oft eine schlechte Entscheidung gewesen.
Platteninformationen
Anspieltipps: „The Transformation“,
„Holy Daimond“, My Brothers Home“, My Heaven Is Lost“,
„It`s Note My Life“, „New Daily Dose“ und
weiter bis zum himmlischen Ende
Tobias Siebert: Komposition und Produktion,
Mastered by Bo Kondren at Calyx
Label: Cargo Records, 2015, 33 rpm, Do-LP 200g,
Gatefold Cover, Downloadcode
Genre: POP
Preis: 20,- EUR
Musik: 1
Klang: 1
Fertigung: 3
„The Great Golden Choir Revue“ im Admiralspalast (F101)
Nach dem Abschluss der „Breaking With Habits Tour“ 2018 mit Band, veranstaltete Tobias Siebert auf der Nebenbühne F101 im Admiralspalast am 08.11.2018 erstmals seine Revue. Hier steht er allein auf der Bühne und puffert die Show mit musikalischen Gästen aus der Szene der großen Stadt. Dabei wird er unter anderem bei einigen Titeln von einem 25 Frau und Mann starken Chor unterstützt.
Besonders gespannt war ich wie er seine komplexe Musik allein auf die Bühne bringt. Und die Lösung ist genial! Er produziert für alle, aus seinen beiden Alben, für die Revue ausgewählten Titel Maxi-Singles (45 rpm). Dabei lässt er den Gesang und das gespielte Instrument weg und ergänzt die Musik von der Platte live auf der Bühne. Er legt die extra produzierten Maxis auf einen DJ-Dreher (im Bild unter der Lampe) auf der Bühne auf und beginnt mit dem Gesang und dem Spiel beim Einsetzen der Musik. Es knistert und knackt das es eine Freude ist, was der Show eine coole Club-Atmosphäre verleiht. Und dank der Musik von den Maxi-Singles und der guten Akustik in dem kleinen Saal ist der Sound (wie auf seine Alben) phänomenal gut. Nach knapp zwei Stunden ging der große Spaß zu Ende. Großen Respekt für das Konzept und die Umsetzung der Show.
„Breaking With Habits And The Golden Choir“
Das neue Werk entspricht im Wesentlichen der Stilrichtung von „Another Half Life and The Golden Choir“. Auch hier stammen die Songtexte von Siebert und erneut spielt er alle Instrumente und die Stimmen selbst ein. Zusätzlich setzte er nun auf Keyboards und die Roland 808 Drum-Machine. Die Titel wurden durch die neuen Instrumente etwas rhythmischer. Die zarten Klänge vom „Erstling“ verlieren hier etwas an Leichtigkeit, gewinnen dafür an Druck, wirken aber etwas brüchiger als auf „Another Half Life“. Große Anerkennung für die hörenswerte dezente Weiterentwicklung der wieder erstklassig produzierten Musik. Hier gelinkt es erneut, kurz vor dem Kitsch abzubiegen (ihn vielleicht etwas zu streifen) und ein Album in Wohlklang zu präsentieren.
Auf der Innenhülle bedankt sich Siebert, wie auf dem Debütalbum für den Kauf des Vinyls. Nein, Nein Tobias wir haben zu danken für ein erneut gelungenes, zartes und betörendes Album.
Platteninformationen
Tobias Siebert: Komposition und Produktion,
Mastered by Geoff Pesche at Abby Road
Label: Caroline Int., 2018, 33 rpm, LP 180g,
Gatefold Cover, Downloadcode
Genre: POP
Preis: 25,- EUR
Musik: 2
Klang: 2
Fertigung: 1
Genau so muss das sein! Das Berlin-Album.
Element of Crime „Schafe, Monster und Mäuse“
Gerd Krüger Chef des Tritonus Tonstudio hält die Analogtechnik hoch. „Es gibt nichts Besseres als eine Band gemeinsam analog aufzunehmen.“ So sein Credo.
In seinem Tonstudio in einem Kreuzberger Hinterhof nehmen Die Ärzte, Clueso, Seeed oder die Einstürzenden Neubauten auf. Auch Element of Crime sind hier Stammgäste. Die Alben, werden hier auf die klassische analoge Art auf Magnetband aufgezeichnet und das hört man. Ein entspannter, fließender Sound dringt aus den Lautsprechern. Durch den Verzicht auf überzogene Auflösung, stellt sich nach dem Absenken der Nadel sofort ein Wohlgefühl ein. Genau so muss das sein! Auf analogem Weg aufgezeichnete Musik, so will ich sie hören, auch dafür steht die AAA. Zu großer Freude sind die großartigen Berlintexte von Sven Regener meisterhaft vertont. Es gibt von den vier Musikern kaum durchschnittliche Alben. Dieses ist erneut ein ganz großer Wurf. Seit die Do-LP in der Post war, laufen die Scheiben ununterbrochen auf den Anlagen im Haus. Eigentlich bräuchte man mehrere Exemplare, dann müsste man die Platten nicht immer hin und herschleppen. Und überraschender Weise erfreut die Musik auch die Partnerin, was bei meinen sonstigen Präferenzen selten genug vorkommt. Bei diesem Album stimmt einfach alles! Die Produktion ist was die Qualität der Pressung angeht überdurchschnittlich. Lediglich ein Label sitzt nicht ganz mittig auf der schwarzen Scheibe. Wenn der beste Titel des Albums „Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“ zu Ende geht, hat man einen hörenswerten Berlintrip erlebt und genossen.
Wer noch ein Weihnachtsgeschenk sucht, für wen auch immer, hier ist mein Tipp: Element of Crime „Schafe, Monster und Mäuse“ - großartig!
Den Platten liegt auch der 2019er Tourneeplan bei. Karten für das Abschlusskonzert der Tour im Berliner Tempodrom hängen bei mir bereits an der Pinwand!
Platteninformationen
Alle Texte: Regner
Musik: Regner, Friedrich, Young, Pappik
Produziert von Element of Crime
Aufgenommen und Mastering durch Gerd Krüger
im Tritonus Tonstudio, Berlin
Label: Vertigo/Capitol, a Division of
Universal Music GmbH, 2018, 33 rpm,
Do-LP 180g, Gatefold Cover, Downloadcode
Genre: Chonson-Rock
Preis: 25,- EUR
Musik: 1
Klang: 2
Fertigung: 1




