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AFI Flat. Plattenbügelautomat
+ Werkstoffkunde Schallplatten
+ Interview mit dem Entwickler
Claus Müller (Einführung, Kunststoffkunde und Interview)
Sven Fandrich (Klangverbesserung durch Tempern)
Andreas Besch (Glätten von Schallplatten)
Das Thema, verwellte Schallplatten wieder plan zu bekommen, ohne die Rille zu beschädigen, beschäftigt die Musikhörer, seit es dieses Medium gibt. Eine zufriedenstellende Lösung dieses Problems schien lange Zeit unerreichbar. Der Entwickler Dr. Ulrich Kathe hat sich in Zusammenarbeit mit dem Hi-Fi-Studio Wittmann zur Aufgabe gemacht, dieses Thema nachhaltig einer professionellen Lösung zuzuführen.
Einige Hersteller haben bereits in der Vergangenheit versucht, dieses Thema zu lösen. Ich selbst war vorsichtig, meine Platten einem Gerät zu überlassen, welches mit einer Temperatur von 65° C arbeitet. Platten sind aus dem Kunststoff PVC hergestellt. Wenn man eine Schallplatte in den Backofen legt, verformt sie sich ab 79° C. Der Bügelautomat AFI Flat. ist inzwischen in der audiophilen Szene in aller Munde und so bin ich nun neugierig, mit dieser Maschine zu arbeiten und eigene Forschungen anzustellen. Hier kommen maximal 60° C zum Einsatz. Ein Schaden an den Platten soll nicht zu erwarten sein.
Kunststoffkunde
Um das Thema besser zu verstehen, recherchierte ich den Werkstoff Polyvinylchlorid (PVC) für Schallplatten im Internet und führte ein Interview mit dem Entwickler der AFI Flat., Herrn. Dr. Ulrich Kathe.
Polyvinylchlorid* (Auszug aus Wikipedia, gekürzt):
Polyvinylchlorid (Kurzzeichen PVC) ist ein thermoplastisches Polymer, das durch Kettenpolymerisation aus dem Monomer Vinylchlorid hergestellt wird. PVC ist nach Polyethylen und Polypropylen das drittwichtigste Polymer für Kunststoffe. Die PVC-Kunststoffe werden in Hart- und Weich-PVC unterteilt. Hart-PVC wird beispielsweise zur Herstellung von Fensterprofilen, Rohren und Schallplatten verwendet. Weich-PVC enthält Weichmacher, die zu einem elastischen Verhalten des Materials führen. Es wird beispielsweise für Kabelummantelungen und Bodenbelägen verwendet.
Geschichte: Der französische Chemiker Henri Victor Regnault war 1835 der erste, der im Gießener Laboratorium von Justus von Liebig Vinylchlorid herstellte und bemerkte, dass sich daraus bei längerer Einwirkung von Sonnenlicht ein weißes Pulver – Polyvinylchlorid – bildete, konnte die Bedeutung seiner Entdeckung jedoch nicht erkennen. 1912 entwickelte Fritz Klatte bei der Chemischen Fabrik Griesheim-Elektron die Synthese von Vinylchlorid aus Ethin und Chlorwasserstoff. Auch er setzte Glasgefäße mit Vinylchlorid und verschiedenen Zusätzen dem Sonnenlicht aus. Er legte damit die Grundsteine für die Herstellung von PVC. 1913 patentierte Klatte die „Polymerisation von Vinylchlorid und Verwendung als Hornersatz, als Filme, Kunstfäden und für Lacke“. Marktfähige Produkte wurden jedoch nicht entwickelt. Mit der Rohstoffknappheit während und nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Anstrengungen verstärkt, PVC als Rohstoff zu nutzen, um teure Stoffe durch kostengünstige Materialien zu ersetzen. Es kam jedoch erst Ende der 1920er Jahre zu weiteren Anwendungen. 1928 erfolgte die großtechnische Ausweitung durch Produktion in den USA und 1930 in Rheinfelden (Baden) durch die BASF; 1935 nahm die I.G. Farben die PVC-Produktion auf. 1935 gelang in Bitterfeld (D) die Herstellung von Weich-PVC. Ein Warenzeichen dieser Zeit war Igelit. Erste PVC-Produkte waren Folien und Rohre. Letztere wurden 1935 in Bitterfeld und Salzgitter (D) verlegt. Nach 1945 war PVC der meistproduzierte Kunststoff der Welt. Im Jahr 1948 wurden schließlich Schallplatten aus PVC hergestellt, das den Schellack endgültig ablöste.
Eigenschaften und Verwendung: PVC lässt sich gut einfärben und nimmt kaum Wasser auf. Der Vorteil von PVC ist seine Haltbarkeit. Deshalb kommt PVC vor allem bei langlebigen Produkten zum Einsatz. Es ist beständig gegen einige Säuren und Laugen und bedingt beständig gegen Ethanol, Öl und Benzin. Es wird durch Sonnenlicht nicht zersetzt, die mechanischen Eigenschaften werden nicht beeinträchtigt. Hart-PVC vergeht nicht und schadet weder Wasser noch Luft. Wasser (auch salziges Meerwasser) und Luft können PVC wenig bis gar nicht zerstören. Es kann jedoch keine Prognose getroffen werden, ob das Hart-PVC nicht doch irgendwann durch Mikroorganismen oder chemische Vorgänge angegriffen werden kann. Beim Überschreiten der sogenannten „Glasübergangstemperatur“ geht ein festes Glas oder Polymer in einen gummiartigen bis zähflüssigen Zustand über. Diese beträgt bei Hart-PVC +79 °C.
Wie aus dem Text zu entnehmen, haben wir es bei ordnungsgemäßer Lagerung und Verwendung unserer geliebten Schallplatten mit einem sehr langzeitstabilen Kunststoff zu tun. Da Hart-PVC erst bei +79 °C in eine gummiartige bzw. zähflüssige Masse übergeht (Glasübergangstemperatur), sollte die Höchsttemperatur des AFI Flat. keinen Schaden an der Rille verursachen können. Diese liegt bei maximal +60 °C im Programm „Expert“. Im Standardprogramm werden max. +59 °C erreicht. Das ganze bei einer Abweichung von ¼ ° C (0,25 K). Warum sich das Vinyl 20 Grad unter seiner Glasübergangstemperatur bereits glätten lässt, ohne Schaden zu nehmen, möchte ich vom Entwickler wissen. Außerdem interessiert mich, ob und wie sich die Materialstruktur während des langen Temperaturvorgangs verändert, denn es soll eine positive klangliche Veränderung zu erwarten sein.

Bild 1: "Toaster" mit Bedienstift

Interview mit dem Entwickler Dr. Ulrich Kathe
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Herr Dr. Kathe, wie sind Sie darauf gekommen, einen Plattenbügler zu entwickeln? Es ist nicht möglich, mit einfachen Mitteln wellige Platten plan zu bekommen, z. B. mit solchen Hausmitteln wie im Backofen oder mit Glasplatten an der Sonne. Die Idee entstand zusammen mit Herrn Wittmann, der den Bedarf geäußert hatte und als Vertrieb auftritt.
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Wie erfolgte das Design für das Gerät? Neben der perfekten Funktion sollte auch das Design eine große Rolle spielen. Die grafische Gestaltung eines Designerbüros sowie die Proportionen folgen in Teilen dem goldenen Schnitt.
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Hart-PVC geht bei der sogenannten Glasübergangstemperatur von +79 °C in eine gummiartige bzw. zähflüssige Masse über. Galt dies als Grundlage für die Entwicklung des Geräts oder gelten andere Werte? Vinyl ist keine eindeutige Stoffbezeichnung. Es setzt sich aus mehreren Stoffen zusammen, deren Mengenverhältnisse variieren können. PVC (Polymer) ist als Hauptbestandteil von 60%-90% vorhanden. Mengenmäßig folgt Polyvinylazetat, Stabilisatoren, Gleitmittel sowie Füllstoffe (Antistatika, Farbstoffe). Die Kenntnisse über die Glasübergangstemperatur wurden in die Entwicklung mit einbezogen.
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Im Programm „Expert“ beträgt die Maximaltemperatur +60 °C. Wenn sich das Vinyl 19 Grad unter seiner Glasübergangstemperatur bereits glätten lässt, kann dann nicht auch eine Deformierung der Rille durch diese Erwärmung entstehen? Unter dem Mikroskop konnten keine Veränderungen der Rille beobachtet werden. Beim Tempern mit dem AFI Flat. handelt es sich um eine sog. „unterkühlte Schmelze“. Bei der Behandlung kommt es auf die Haltezeit der Maximaltemperatur an (Anmerkung des Autors: ca. zwei Stunden). Es ist enorm wichtig, dass während des gesamten Tempervorgangs an jeder Stelle der Platte dieselben Temperaturverhältnisse vorliegen. Es wurde eine Testschallplatte mit 17 Temperatursensoren versehen, um diese Eigenschaft zu erreichen (Bild 2).
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Wie verändert sich die Materialstruktur im Kunststoff während des langen Temperaturvorgangs? Es gibt leichte Veränderungen an der Molekularstruktur. Zum Beispiel verliert Plexiglas durch Tempern seine innere Spannung und lässt sich dadurch leichter bearbeiten. Diese Erkenntnisse wurden als Grundlage für das Tempern von Schallplatten herangezogen. Normalerweise ist der Kunststoff amorph (Anmerkung des Autors: Der Begriff Amorph bezeichnet ein Stoff, bei dem die Atome keine geordneten Strukturen, sondern ein unregelmäßiges Muster bilden). PVC hat einen gewissen Prozentsatz an strukturiertem Kristallcharakter. Durch tempern wird die Kristallinität erhöht. Das heißt, die Steifigkeit, die Abriebfestigkeit und die Wärmeformbeständigkeit nehmen zu.
Bild 2: Mess-LP mit 17 eingegossenen Sensoren
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Man sagt, durch tempern wird das Vinyl härter. Wie wirkt sich das auf die Langzeitstabilität aus? Es soll eine klangliche Änderung zu erwarten sein. Hängt dies damit zusammen? Die Härte wurde gemessen, sie nimmt durch das Tempern zu. Eine Abnahme der Langzeitstabilität ist nicht zu erwarten. Vor allem wegen der Kristallinität wurde bei der Entwicklung des AFI Flat. viel Wert auf die Abkühlphase gelegt, um diese Eigenschaften im Material zu erhalten. Die Wärmebehandlung solle nicht beliebig oft bei derselben Platte durchgeführt werden. Man kann den Prozess auch übertreiben. Anwender sagen, dass sich der Klang von Schallplatten verbessert.
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Wie wird die Einhaltung der Abweichung von nur 0,25 K bei diesem Gerät gewährleistet? Das gesamte Konzept des AFI Flat. unterliegt dieser Genauigkeit. Mit der Testmessplatte wird jedes Gerät vom Entwickler selbst einer Endprüfung unterzogen, bevor es das Werk verlässt.
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Dass beim Tempern Wasser und andere Stoffe aus dem PVC austreten, kann ich mir schwer vorstellen. Es kommt darauf an, wieviel Wasser ein Stoff aufnehmen kann. Bei PVC beträgt dieser Wert 1,6%, bei Polyvinylacetat 3%. Würde man eine Platte ins Wasser legen, so würde ein Teil davon in die Platte diffundieren (Anmerkung des Autors* Diffusion: Der ohne äußere Einwirkung eintretende Ausgleich von Konzentrationsunterschieden als natürlich ablaufender physikalischer Prozess aufgrund der brownschen Molekularbewegung. Er führt mit der Zeit zur vollständigen Durchmischung zweier oder mehrerer Stoffe durch die gleichmäßige Verteilung der beweglichen Teilchen. Bei den Teilchen kann es sich um Atome, Moleküle oder Ladungsträger handeln. Meist handelt es sich bei zumindest einem der Stoffe um ein Gas oder eine Flüssigkeit, doch können auch Feststoffe und Plasmen ineinander diffundieren). Alle Stoffe werden ein Gleichgewicht herstellen, wenn man dem System genug Zeit gibt. Durch das langsame Tempern wird eine Bläschenbildung vermieden und das Wasser kann langsam aus der Platte herausdiffundieren. Das bedeutet, dass eine Platte, die 120 g wiegt, durch Wasser im Vinyl um bis zu ca. 2,5 g schwerer sein kann.
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Ist es unbedingt wichtig, dass die Platten vor dem Tempern gewaschen werden? Ja, es muss Sauberkeit vorherrschen. Zum einen, um die Filzmatten sauber zu halten und zum anderen, um keine Schmutzpartikel in die Oberfläche einzuarbeiten. Einige Anwender berichten, dass eine Wäsche nach dem Tempervorgang ebenfalls erfolgsversprechend wirkt, weil die ausdiffundierten Stoffe dadurch beseitigt werden.
Herr Dr. Kathe, ich bedanke mich, auch im Namen der Analogue Audio Association (AAA), sehr herzlich für dieses Interview.
Klangverbesserung durch Tempern (von Sven Fandrich)
Als mich Claus fragte ob ich Lust hätte den „Plattentoaster“ bezüglich seiner klanglichen Auswirkungen zu bewerten, war ich sofort Feuer undFlamme und sagte unmittelbar zu. Nun stellt sich die Frage, wie ich dasreproduzierbar mache. Meiner Auffassung nach, ist das nur mit jeweils identischen Pressungen eines Albums möglich. Ich durchforstete also meine Sammlung nach doppelt vorhandenen Scheiben. Nun ist beigenauer Betrachtung die gleiche Platte nicht automatisch die identischePressung. Also wurden die Scheiben bezüglich der Pressung genaugemustert und die nicht identischen aussortiert. Es blieben dann vonursprünglich 10 Doppelexemplaren 6 identische ältere und aktuellePressungen unterschiedlicher Label aus Jazz, Klassik und Pop übrig. (siehe Foto) Nun gut, das sollte reichen, um sich einen nachvollziehbaren Eindruck vonder klanglichen Wirkung des „Toasters“ zu machen. Also die Scheiben durchdie Waschstraße geschickt und mit dem Standard-Programm getempert.
Im Anschluss habe ich das klangliche Ergebnis der Rillenabtastung im „Nacheinandervergleich“ mit gespitzten Ohren über eine gute Kette bewertet.Im Bewusstsein, mir für die nächsten Zeilen den Zorn und die Schelte derUnwissenden zuzuziehen, bleibt doch folgendes festzustellen:
Ich sitze ungläubig vor den Lautsprechern und fragt mich, wie geht das und was passiert da?
Die Abbildung der Musik erfolgte in den meisten Fällen auf einem höheren Niveau. Bei den Platten von AMIGA und ETERNA war die Verbesserung, aus welchem Grund auch immer, am geringsten. Ob es am verwendeten Material liegt? Oder dem Alter der Platten? Ich kann es nicht sagen. Bei den anderen Alben war eine deutlichere Veränderung wahrzunehmen. Im Allgemeinen empfinde ich den Klang entspannter, die Stimmen natürlicher, die Instrumente deutlicher und die räumliche Abbildung weiter. Der Unterschied ist nicht so groß, wie zwischen einem guten MM System und einem sehr guten MC System, aber deutlich.
Auch versuchte ich, Platten, die durch geringes Rauschen und Knistern den Hörgenuss beeinträchtigen, durch das Tempern zu verbessern. Geringe Verbesserungen glaubte ich zu hören. Bei starkem Rauschen und Knacken war jedoch nichts zu machen. Auch lässt sich das Ergebnis in der Regel nicht reproduzieren und damit nicht verallgemeinern. Ein Versuch ist es jedoch wert.
Wenn sich 3 bis 4 Vinylbegeisterte zusammentun, die den „Toaster“ reihum benutzen, ist die Investition von 2850,- EUR immer noch beträchtlich. Wer jedoch eine hochwertige Analogkette und tausende Vinylschätze besitzt und den Vorher-Nachher-Vergleich macht, wird, so vermute ich, schwach werden. Ich bemerke auch bereits eine aufsteigende Schwäche. Wie lange ich dieser wiederstehen kann? Wir werden sehen.
Einige Händler habe bereits den AFI Flat. Plattenbügelautomat im Geschäft stehen und bieten für kleines Geld das Tempern an. Wer also dem „Braten nicht traut“, sollte zwei identische Platten nehmen. Eine zum Tempern geben und dann in Ruhe auf seiner Anlage im Vergleich hören. Denn erst mit eigenen Erfahrungen kannst du mitreden.

Bild 3: Plattenauswahl
identischer Pressungen


Glätten von Schallplatten (von Andreas Besch)
Elvis lebt!
Als dritter im Bunde durfte nun auch ich dieses Wunderwerk aus dem Hause AFI (Audio Fidelity Improvement) testen. Und ich habe getestet… Tag und Nacht…
Aber immer der Reihe nach. Alleine schon das Auspacken war eine Freude. Alles war super sorgfältig mit viel Liebe zum Detail mehrfach geschützt und gut verpackt. Jedes Accessoire hat seinen eigenen Platz in einem separaten Karton. Eine Bedienungsanleitung war natürlich auch in Englisch und Deutsch dabei. Aber wer liest die schon?! Man(n) jedenfalls nicht. Viel zu groß war die Vorfreude auf das erste Bügeln des Vinyls. Und eigentlich ist die Schallplattenbügelmaschine mit einer All-Inklusive-Menüführung auch sehr logisch und selbsterklärend aufgebaut.
Nun stellt sich aber erst einmal die grundsätzliche Frage: Wie kommt es eigentlich zu den Verformungen und Verwerfungen, dem sogenannten Schüsseln? Dazu Folgendes:
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Eine Schüsselform bilden oft Schallplatten aus, die nach der Pressung nicht lange oder exakt genug abgekühlt werden.
Bild 4: Abkühlvorgang von Schallplatten nach der Pressung
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Verbogene Platten bilden sich durch eine Schrägstellung im Regal,
oder wenn sie einer längeren mechanischen Seitenbelastung
ausgesetzt waren. -
Durch Sonne oder andere Wärmequellen verformtes Vinyl ist
schwer zu retten, wenn sich der Kunststoff unregelmäßig
verformt hat bzw. schon geflossen ist. -
Verwellte Schallplatten dürfte die am häufigsten vorkommende
Verformung sein. Die Ursache kann beim Herstellungsprozess liegen,
aber auch durch eine unsachgemäße Lagerung nachträglich entstehen.
Und genau die beiden letztgenannten Punkte sind bei mir eingetroffen.
Das Ganze begann so: Irgendwann in der Woche bekam ich Besuch von
meinem Freund und Nachbarn Horst. Und wie so oft legte ich nach einer
Weile eine neu erstandene Scheibe auf. Natürlich fiel sein Blick sofort auf
das Gerät und er sah mich fragend nach dem Motto an, was das denn
jetzt schon wieder sei? Als ich ihm erklärte, dass dieses Gerät eine
Schallplattenbügelmaschine sei, wurde sein fragender Blick allerdings
nicht minder geringer. Im Gegenteil. Nach kurzer Beschreibung der
ganzen Situation und der Funktionsweise war er kaum noch zu bremsen, denn Horst ist ein Elvis-Fan. Ein richtiger Elvis, um genau zu sein. Mit Unmengen an Artikeln und Aufnahmen von Elvis Presley bei sich zu Hause. Und er berichtet mir, dass er 1980 eine Scheibe aus dem Booklet „Elvis Aron Presley 25 Jahre Anniversary Limited Edition“ auf der Hutablage seines Fiat Punto vergessen hatte. Und die Sonne – mit wohl etwas mehr als 60 Grad Celsius – hat dann halt ihr Übriges getan. Ich denke, Bild 4 sagt so ziemlich alles.
Und nun die Frage, ob man mit diesem Wunderkasten das eventuell wieder richten kann? Nun ja, keine Ahnung. Aber zu verlieren hatten wir man schließlich nichts. Gesagt, getan. Zu allererst einmal wurde vorab getestet. Mit dem Resultat: Es ging wirklich gar nichts mehr. Die Sonnenstrahlen haben ganze Arbeit geleistet. Das Vinyl war so stark verformt, dass der Tonträgerarm an die Verwerfung anschlug und bereits den Versuch eines Abspielens absolut unmöglich machte. Also wurde gebügelt. Dabei wurde der Standardmodus gewählt und ca. 4 Stunden gewartet. Das Resultat war auch gleich zu erkennen. Die Verformung des Hitzeopfers war um ca. 60 % zurückgegangen. Jedoch war ein Abspielen immer noch nicht möglich. Der Schlag in der Platte war immer noch zu groß, so dass der Arm nicht sauber auflag. Also kam nun der Expertenmodus ins Spiel. In diesem Zuge machte ich dann auch Bekanntschaft mit der von mir zuvor verschmähten Bedienungsanleitung. Hätte ich ruhig schon mal früher machen sollen. Alles super einfach und logisch beschrieben. Im Expertenmodus wählte ich 60 Grad bei 3 ½ Stunden. Und im Resultat kann ich dazu nur sagen: Elvis lebt!
Wirklich alles wieder wie neu (siehe Bild 5). Die 110 Gramm Vinyl dieser Schallfolie wurden gleichmäßig glattgebügelt.
Bild 6: Schallplatte von Bild 4 nach dem Bügelvorgang
Und nun spielt sie nach 38 Jahren wieder perfekt. Der Schlag aus dem Vinyl ist zu 100 % ausgebügelt. Einzige Auffälligkeit ist, dass das Loch in der Platte ein wenig schwerer auf den Stift des Plattentellers geht. Dies zeigt sehr schön, welche Verformung das Vinyl bei diesen Temperaturen mitmacht. Ich konnte es kaum erwarten, Horst ein kleines Video von seinem wiederauferstanden Elvis zu senden. Na, wenn das mal keine lohnende Teststudie war!
Bedienung und Bedienanleitung
Die Bedienanleitung ist sehr gut und beschreibt alle Schritte genau. Die Bedienung des Gerätes ist sehr einfach. Man legt eine saubere Schallplatte zwischen die beiden Filzplatten, positioniert diese an den aufgedruckten Punkten und schließt den Deckel. Mit dem Magnetstift startet man das gewünschte Programm. „Standard“ heizt zuerst schnell auf, dann wird der Prozess verlangsamt. Danach wird die Temperatur eine Zeit lang gehalten. Darauf folgt der kontrollierte Abkühlvorgang. Das Programm dauert ca. vier Stunden. Am Ende des Programms ertönt ein Signal.
Bild 7: Verlauf des Tempervorgangs
Technische Betriebsdaten AFI Flat.:
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Maximale Heiztemperatur: Programme „Standard“ und „Relax“ 59° C, Programm „Expert“ 54-60° C
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Abweichung von der Solltemperatur: besser 0,25 K
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Programmdauer „Standard“: ca. 4 Stunden
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Programmdauer „Relax“: ca. 3 ¼ Stunden
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Programmdauer „Expert“: variabel, max. 6 Stunden
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Energieverbrauch pro Tempervorgang im Programm „Standard“: 0,12 kWh
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Energiekosten pro Tempervorgang im Programm „Standard“: 0,12 kWh * 0,3 € = ca. 3,6 Cent
Text Claus Müller, Sven Fandrich, Andreas Besch
Fotos: Claus Müller (www.stereoxl.de), Hersteller, Sven Fandrich, Andreas Besch
Quellangaben: * Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Polyvinylchlorid

Bild 5: Durch Sonneneinstrahlung
verformtes Vinyl

Workshop zu den Klangeinflüssen des Temperns auf dem Analogforum 2019






Zur allgemeinen Vorstellung der Klangeinflüsse durch den Einsatz des AFI, veranstaltete die AAA im Rahmen des Analogforums 2019 zwei Workshops in einem geeigneten Raum mit hochwertiger Musikanlage. Ich stellte eine Auswahl von Platten vor, von denen jeweils eine die AFI Prozedur durchlaufen hatte und eine unbehandelt blieb. Die Unterschiede waren deutlich wahrzunehmen.
Folgende Platte waren vorbereitet, konnten auf Grund des einstündigen Workshops jedoch nicht alle aufgelegt werden. So unterschieden sich die zwei Workshops in der Musikauswahl.
Liste der verwendeten Platten für den Workshop zum Analog Forum 2019:
ETERNA „Vom Hillel hoch“ Klassische Weihnachtsmusik 8 27 911, Ag511/01/85
AMIGA „The Best of Chris Rea“ 8 56 457, Ag511/01/89
CBS Al Di Meola - „CASINO“ OI_82645; 1978
Polydor The Style Council – „Café Bleu“ 817535; 1984
Ninjatune Fink – „Biscuits For Breakfast“ ZEN 104; 2006
UNIVERSAL Melody Gardot - „Worrisome Heart“ 1778756; 2008
CHESKY Macy Gray – „Stripped 389; 2016
LUSTRE Tora – „Can´t Buy The Mood“ LUSTRE 009, 2019
Secret City Records Leif Vollebekk - „Twin Solution“ 15063E; 2017
NRW Records MARTIN EHLERS TRIO – „Fatum“; NRW 8008, 2012
DECCA Janine Jansen – Vivaldi „The Four Seasons“ 483 0959, 2016 (2004)






